Digitale Schule (Teil 2): „Auch Schüler lernen, digital zu arbeiten“
Ellen, Deine dänische Schule war ja nur wenige Wochen geschlossen. Hattet Ihr denn trotzdem von Anfang an „richtigen“ digitalen Unterricht?
E: Wir hatten von Anfang an Videounterricht und konnten unser Schulsystem „Lectio“ für den Austausch von Dokumenten oder zur Kommunikation nutzen. Die Lehrer haben den Unterricht einfach nach Stundenplan durchgeführt, nur eben digital. Auch im Präsenzunterricht arbeiten wir viel alleine oder in Gruppen. Deshalb haben die Lehrer zu Stundenbeginn live per Videoübertragung eine Einführung gegeben und wir haben dann allein oder in Kleingruppen im Chat gearbeitet. Das Ergebnis haben wir dann zurückgeschickt oder online präsentiert. Das hat ganz gut geklappt – aber wir mussten wir in der Zeit der Schulschließung fast mehr arbeiten als sonst.
Und wie sah es bei Dir aus, Johanna?
J: Wir haben über mehrere Portale kommuniziert – von MS Teams über unsere Schülerplattform bis zur privaten E-Mail-Adresse. Teilweise waren es fünf oder mehr Programme und Portale, ein ziemliches Durcheinander. Deshalb hat die Schule auch einiges geändert: Jeder von uns hat eine eigene Schul-Mail-Adresse, damit können wir uns auch bei MS Teams einloggen. Außerdem läuft sehr viel über das Schülerportal Mebis. Mittlerweile funktioniert das Portal ja stabil.
Die Schulen sind ja nun angehalten, sich wirklich intensiv um Digitalisierung zu kümmern. Wie sieht für Euch der optimal-digitale Schulalltag und Unterricht aus? Und wo sind die Grenzen?
J: Ich würde mir wünschen, dass die Lehrer alle Arbeitsblätter online hochladen, so dass wir sie auch ausfüllen können. Dann hätten wir sie gleich digital zur Verfügung und müssten nicht mehr ständig drucken und scannen. Dazu müssten wir natürlich alle eigene Geräte oder dauerhaft geliehene Schul-Laptops oder -Tablets haben. Außerdem wäre ein einheitliches Portal für alles gut, damit man nicht täglich an mehreren Stellen kontrollieren muss, ob und welche Dateien neu dazugekommen sind.
E: Die Grenze war für mich immer bei Mathe und Physik erreicht. Allein das Mitschreiben ist durch die Zeichen, die nicht alle auf der Tastatur sind, umständlich. Mittlerweile weiß ich aber, wie es geht. Manchmal ist für mich die Kombi perfekt: Wenn ich zum Beispiel Mathe oder Physik zuerst analog verstanden habe, macht es richtig Spaß, alles auf dem Computer zu berechnen. Es geht so viel schneller. Alles in allem bin ich mit dem Stand der Digitalisierung an meiner Schule sehr zufrieden. Das kann so bleiben, wie es ist.
J: Ich denke, die stärkere Digitalisierung und eine noch bessere digitale Ausstattung ist vor allem für die nachfolgenden Klassen sehr wichtig. Auch die Schüler müssen ja lernen, digital zur arbeiten. In meiner Stufe wird sich nicht mehr so viel verändern, da wir nur noch 7 Monate bis zum Abitur haben. Denn auch wir haben ja unsere Lernmethoden – und ganz kurzfristig wollen auch wir selbst nicht alles umstellen.
Vielen Dank Ihr beiden, für Eure ausführlichen Antworten. Und vor allem: Viel Glück, Ausdauer und Energie für die letzten Schulmonate!
Ein Fazit dieses Interviews: Nicht nur in Dänemark, auch an Deutschlands Schulen geht es so langsam in die richtige digitale Richtung. Das Hauptproblem liegt jedoch nach wie vor in der Infrastruktur, der Ausbildung der Lehrer im digitalen Unterrichten und nicht zuletzt an der Verfügbarkeit der Endgeräte für alle Schüler.
Lesen Sie auch Teil 1: "Digitale Schule: Kleine Probleme lösen wir über Schwarm-Wissen"
Zum Thema Digitalpakt finden Sie hier weitere Informationen.